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Wirtschaft Alarm im Mittelstand

Deutschen Unternehmen gehen die Chefs aus

Hunderte deutsche Unternehmen brauchen in den nächsten Jahren einen neuen Chef. Doch die Liste der Kandidaten ist kurz. Die Wirtschaft schlägt Alarm – sie hat den Schuldigen bereits ausgemacht.

Worum geht es

Für Mittelständler in Deutschland wird es immer schwieriger, einen Unternehmensnachfolger zu finden. „Der unternehmerische Nachwuchs wird knapp“, heißt es alarmierend im Jahresmittelstandsbericht 2015, der am Dienstag in Berlin veröffentlicht wird.

Damit drohe die Basis des Mittelstands zu erodieren, stellt der Bericht fest, der von zehn Wirtschaftsverbänden, darunter Handwerk, Industrie und Handelskammern sowie freie Berufe, erstellt wird.

Nach den Zahlen des Mittelstandsberichts stehen in den nächsten drei Jahren mehr als 100.000 Unternehmen zur Übergabe an, im produzierenden Gewerbe und im Handel braucht fast jede 20. Firma einen neuen Chef. Immer mehr Unternehmer erreichten das Ruhestandsalter und suchten einen Nachfolger für ihren Betrieb.

Eng ist es in der Industrie

Die Bevölkerung altert und schrumpft – das wirkt sich auch auf die Unternehmenslandschaft aus. Gründer seien zumeist zwischen 25 und 45 Jahre alt – diese Altersgruppe werde aber überproportional kleiner.

So suchten mittlerweile mehr Altinhaber als übernahmewillige Personen die Beratung der Kammern, um sich in punkto Nachfolge unterstützen zu lassen. Besonders eng sei die Situation in der Industrie. Hier kommen rein rechnerisch fünf Senior-Unternehmer auf einen potenziellen Übernehmer.

Warum Deutsche so selten Existenzgründer werden

In Deutschland scheuen Menschen quer durch alle Bildungsschichten die Existenzgründung. Nur jeder Vierte kann sich die Selbstständigkeit vorstellen. Das liegt nicht selten am bürokratischen Aufwand.

Quelle: N24

Doch nicht nur die demografische Entwicklung macht dem Mittelstand zu schaffen. Der Bericht beklagt auch den mangelnden Gründungseifer und Unternehmergeist der Deutschen. „Dass der Bevölkerungsanteil mit dem Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu gründen, in Deutschland vergleichsweise gering ist, liegt auch an unserer vornehmlich sicherheitsorientierten Gesellschaft sowie der zum Teil fehlenden gesellschaftlichen Wertschätzung des Unternehmertums“, analysieren die Verbände.

„Letztere ist maßgeblich für die Gründungsdynamik. Alle gesellschaftlichen Akteure, von den Schulen über die Politik bis zu den Medien, sollten daher stärker zur Selbstständigkeit ermuntern und zu einem positiven Unternehmerbild beitragen.“

Lange Liste der Verbesserungen

„Die Rahmenbedingungen für den Unternehmernachwuchs müssen stimmen“, forderte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. „Zu viel Bürokratie, zu viel Regulierung, gerade bei der Steuer- und Arbeitsmarktpolitik, und Nachwuchssorgen aufgrund bildungspolitischer Fehlsteuerung – die Liste für Verbesserungen ist lang“, sagte der Handwerkspräsident der „Welt“.

Bundesverfassungsgericht kippt Erbschaftsteuer

Das Bundesverfassungsgericht hat die Erbschaftsteuerregeln für Betriebe für weitgehend verfassungswidrig erklärt und die Gesetzgeber zum Nachbessern aufgefordert.

Quelle: Reuters

Vor allem die fällige Reform der Erbschaftsteuer mache den Mittelständlern mit Blick auf die Nachfolge Sorgen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Erbschaftsteuer im vergangenen Dezember für verfassungswidrig erklärt, weil sich die Richter an den geltenden Ausnahmen für Betriebserben störten.

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Sie können Steuern sparen oder ganz vermeiden, wenn sie die Arbeitsplätze fünf Jahre sichern und dies mit der Lohnsumme nachweisen. Von der Arbeitsplatzklausel sind Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten befreit. Das sind mehr als 90 Prozent aller Unternehmen. Das ging den Richtern zu weit. Deshalb gaben sie der Politik den Auftrag, die Erbschaftsteuer bis Juni 2016 zu reformieren.

Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer gefordert

„Die erforderliche Neuregelung muss den gerechtfertigten Gestaltungsspielraum nutzen, den das Bundesverfassungsgericht zugelassen hat“, forderte Wollseifer. Mittelständische Unternehmen hätten ein „generationenübergreifendes Geschäftsmodell“.

Sie bräuchten weiter Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer, um ihre erfolgreiche Arbeit fortsetzen zu können. „Die entscheidende Frage für kleine und mittlere Unternehmen wird am Ende ein Abgrenzungskriterium sein: Bis zu welcher Unternehmensgröße sind aufwendige Dokumentationen zum Nachweis des Arbeitsplatzerhalts unverhältnismäßig, um eine Steuerbefreiung zu bekommen?“, meinte Wollseifer. Dabei sei die „Anzahl der Beschäftigten“ das praktikabelste und belastbarste Kriterium. Keinesfalls dürfe die künftige Grenze zehn Beschäftigte unterschreiten, heißt es im Mittelstandsbericht.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte nach dem Urteil versprochen, die Reform schnell anzugehen und nur „minimalinvasive“ Änderungen vorzunehmen. Nach seinen Plänen sollen nur noch Unternehmen mit einem Vermögenswert von unter einer Million Euro von der Steuer befreit sein.

Betriebe bis zu einem Wert von 20 Millionen Euro müssten die bisherigen Auflagen erfüllen, um von der Steuer teilweise oder ganz befreit zu werden. Sie müssten die Lohnsumme über Jahre konstant halten. Bei Erbschaften von mehr als 20 Millionen Euro soll zusätzlich auch noch eine Bedürfnisprüfung greifen. Dabei soll kontrolliert werden, ob der Betriebserbe die Steuer nicht auch aus seinem Privatvermögen begleichen kann.

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