Mit meinem Chef ist kaum zu diskutieren. Entweder reagiert er sehr aggressiv, verletzend oder cholerisch. So oder so, in der Regel ist keine Diskussion möglich. Was kann ich tun, um solche Situationen zu entschärfen?, fragt Walter Müller.

Sehr geehrter Herr Müller,

mit solch einem Vorgesetzten sind Sie nicht allein. Viele Mitarbeiter beklagen sich über sogenannte Verbal-Choleriker. Und nicht immer sind es nur die Chefs, auch Kollegen können dazu neigen, Diskussionen, Konferenzen oder auch Gespräche auf eine wenig konstruktive Ebene zu ziehen. Rutscht die Kommunikation auf eine unfaire, persönliche oder unsachliche Ebene ab, sollten Sie Ruhe bewahren, um objektiv bleiben zu können. So besteht nicht die Gefahr, dass Sie auf die unsachliche Kommunikationsebene gezogen werden. Und weil hinter solchen provozierenden Angriffen selten konstruktive Kritik steckt, sondern vielmehr emotionale Beweggründe, sollten Sie alles dafür tun, um auf die sachliche Ebene zurückzuführen.

Bei spitzen Bemerkungen beispielsweise sollten Sie Ihrem Gesprächspartner das Gefühl vermitteln, ihn und seine Einwände ernst zu nehmen – vorausgesetzt, es liegt ein Mindestmaß an inhaltlicher Zustimmung vor. So führen Sie nicht nur alle Beteiligten auf die sachliche Ebene, Sie signalisieren auch Verständnis sowie Interesse. Geht Ihr Gesprächspartner jetzt nicht auf Ihren Einwand ein, wird deutlich, dass er nicht an einer konstruktiven Auseinandersetzung interessiert ist. Falls doch, können Sie jetzt inhaltlich diskutieren. Einen inhaltlichen Konsens erreichen Sie, wenn Sie die Beziehungsebene verlassen und auf eine unpersönlichere, aber dennoch respektvolle Ebene wechseln. 

Eine weitere Möglichkeit, persönliche Angriffe abzuwehren, ist, die unsachlichen oder persönlichen Attacken zu hinterfragen: Worauf bezieht sich die Kritik konkret? Was genau funktioniert nicht? Wo hakt es? Was wäre die Alternative?  

Am besten immer sachlich bleiben

Der Vorteil dieser Methode: Sie drehen den Spieß um. Denn jetzt muss sich Ihr Gesprächspartner mit seinen (pauschalisierten) Attacken auseinandersetzen. Und in der Regel halten die Argumente diesem Blick nicht stand.

Manchmal, selbst wenn Sie Ihrem Gesprächspartner wertschätzend gegenübertreten sowie Interesse und Verständnis signalisieren, kann es dennoch nicht zu einer sachlichen Auseinandersetzung kommen. Dann bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, das zu akzeptieren. Denn Sie können nichts ändern, was Ihr Gesprächspartner nicht möchte.

Überprüfen Sie sich aber auch selbst kritisch und fragen Sie sich, ob Ihre Haltung Ihrem Gesprächspartner gegenüber von Vorurteilen geprägt ist. Denn manchmal funktioniert die Arbeitsebene, aber zwischenmenschlich passt es nicht so recht. Dann könnten Sie einen Schritt auf den Gesprächspartner zugehen, um ihn besser kennenzulernen. Das kann Ihre Zusammenarbeit verbessern und den Konflikt lösen.

Ist die Situationen trotz allem verfahren, sollten Sie zunächst auf Distanz gehen, um die Stimmung nicht weiter anzuheizen. Bitten Sie dann um ein Gespräch unter vier Augen oder ziehen Sie einen neutralen Moderator hinzu, um ein für allemal klären zu können, was Sie konkret stört und was Sie sich für eine konstruktive Zusammenarbeit wünschen. Bleiben Sie dabei immer sachlich und respektvoll. Auf keinen Fall sollten Sie mit anderen über die Person oder Situation lästern. Zum einen fällt ein derart negatives Verhalten am Ende nur auf Sie zurück. Zum anderen ist das nicht zielführend. 

Ihre Sabine Hockling