Bei uns standen Umstrukturierungen an, für die ich ein Konzept entwickelt habe. Dieses überzeugte derart, dass es jetzt umgesetzt wird. Die Unternehmensführung allerdings denkt, dass die Idee dafür von der Filialleitung stammt und nicht von mir. Was soll ich tun?, fragt Enno Neumann, stellvertretender Filialleiter eines Handelsunternehmens.

Sehr geehrter Herr Neumann,

zunächst einmal sollten Sie das Gespräch mit Ihrer Filialleitung suchen, um zu klären, wie dieses "Missverständnis" zustande gekommen ist. Stellt die Filialleitung den Irrtum richtig und Sie als Ideenurheber vor – wunderbar. Ist das nicht der Fall, haben Sie mehrere Möglichkeiten, um zu reagieren.

Sie könnten die Situation eskalieren lassen und das Gespräch mit dem Vorgesetzten Ihrer Filialleitung suchen, um klarzustellen, wer Urheber der Idee ist und um zu klären, welche konkrete Funktion Sie in der Filiale erfüllen sollen sowie, welche Position Sie bei der Konzeptumsetzung einnehmen können. Ob Sie auf diese konfrontative Weise aber eine Veränderung der Lage herbeiführen, ist fraglich. Auch wird damit die Zusammenarbeit mit Ihrer Filialleitung schwierig, denn das Vertrauen ist so auf beiden Seiten gestört.

Möchten Sie in dieser Filiale bleiben, bringt der Blick zurück und die Auseinandersetzung, was schief gelaufen ist, wenig. Klären Sie daher in einem Gespräch mit der Filialleitung, wie Ihre (Führungs-)Rolle in der Filiale konkret aussieht. Interessant ist, ob Ihre Sicht mit der Ihres Vorgesetzten identisch ist. Halten Sie in diesem Gespräch auch fest, wie Ihr Beitrag bei der Konzeptumsetzung konkret aussehen kann. Dazu ist es ratsam, die Punkte schriftlich festzulegen, sodass sich alle daran halten können und am Ende auch die jeweilige Leistung zuzuordnen ist. Das kann zukünftig vor weiteren "Missverständnissen" schützen und signalisiert Ihrem Chef, dass Sie an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert sind.

Möchten Sie aufgrund des Vertrauensbruchs zwar im Unternehmen bleiben, aber nicht in dieser Filiale, brauchen Sie auch die Unterstützung Ihres Vorgesetzten. Denn er muss Ihren Wechsel aktiv unterstützen. Die Frage ist aber, ob dieser Vertrauensbruch so schwer wiegt, dass Sie wirklich so schnell die Flinte ins Korn werfen sollten?

Kommt für Sie nach dem Abwägen trotzdem nur ein Wechsel infrage, machen Sie beim Gespräch mit dem Chef deutlich, dass Sie seine Unterstützung aufgrund Ihrer Kompetenzen erwarten. Ihr Vorgesetzter wird diesen Wink verstehen und wissen, dass Sie den Wechsel aufgrund des "Missverständnisses" wünschen. Vorwürfe zu äußern wäre in dieser Situation eher kontraproduktiv.

Sie können aber auch aus dieser Situation lernen und zukünftig darauf achten, wie, wann und wo Sie Ihre Ideen vorstellen. Auch können Sie Ihre Kreativität und Energie darauf verwenden, transparente Prozesse anzuregen und zu entwickeln, die solch ein "Missverständnis" zukünftig erschweren.

Ihre Sabine Hockling