„Konflikte im Unternehmen – bei uns doch nicht!“, so oder ähnlich antworten die meisten Führungskräfte, wenn sie nach der Streitkultur in ihrem Unternehmen gefragt werden. Konflikte gelten als etwas Unangenehmes und werden lieber ignoriert. Oder die Führungskräfte vernachlässigen sie, weil sich noch keiner bei ihnen beschwert hat.
Die Industrie- und Handelskammer Frankfurt hat zusammen mit dem Prüfungs- und Beratungsunternehmen Mazars Geschäftsführer, Führungskräften und Angestellte zum Thema Konflikte im Unternehmen befragt. Das Ergebnis der Umfrage „Streit – erfolgreich oder folgenreich?“: Im Unternehmensalltag gibt es eine ganze Reihe von Konfliktpartnern, aber es sind die Streitigkeiten in den eigenen Reihen, die am häufigsten auftreten.
Und je näher die Streithähne zueinander stehen, desto belastender ist für sie der Konflikt. Der Streit mit dem Partner geht einem schließlich auch näher, als der mit dem Nachbarn von gegenüber.
Das Problem ist: Konflikte kosten nicht nur Nerven, sondern auch Zeit. Konfliktstudien des Beratungsunternehmens KPMG zeigen, dass circa 10 bis 15 Prozent der Arbeitszeit für Streitereien mit Kollegen, Kunden und Zulieferern drauf gehen.
„Wenn sich ein Mitarbeiter eine Stunde lang mit seinem Vorgesetzten streitet und anschließend pünktlich zu seinem Feierabend wutentbrannt das Unternehmen verlässt, hat er bis dahin gemeinsam mit seinem Vorgesetzten zwei Stunden Arbeitszeit für den Konflikt aufgewendet. Nehmen wir nun an die Stunde des Vorgesetzten kostet das Unternehmen 100 Euro und die Stunde des Arbeitnehmers 50 Euro, so entstehen hier zunächst Konfliktkosten von 150 Euro“, illustriert KPMG die Entstehung der Kosten.
Mit wem wir uns im Beruf am häufigsten streiten
Je mehr ein Mensch mit einem anderen zu tun hat, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie aneinander geraten. Entsprechend gaben 37 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage "Streit - erfolgreich oder folgenreich" der IHK Frankfurt an, sich häufig mit Kollegen beziehungsweise Mitarbeitern zu streiten.
Mehr als ein Drittel gab an, sich häufig mit Führungskräften zu streiten.
Ein Viertel sagte, dass sie häufig mit der Geschäftsleitung aneinander geraten.
23 Prozent streiten sich häufig mit Kunden.
Bei 14 Prozent sind Zulieferer ein häufiger Streitgrund und -partner.
Elf Prozent streiten sich häufig mit Behörden, mit denen sie beruflich zu tun haben.
Jeweils sieben Prozent gaben an, sich mit Gesellschaftern beziehungsweise Kooperationspartnern in die Haare zu kriegen.
Nur drei Prozent geraten häufig mit Kapitalgebern und Banken aneinander.
Ist der Chef dann weiterhin so geladen, dass er seinen nächsten Termin verschiebt oder zu spät kommt, wird es noch teurer. Auch die IHK-Studie kommt zu dem Ergebnis: „Die Auswirkungen von Konflikten sind vielfältig: über Reibungsverluste in der Zusammenarbeit, zu Krankenständen in der Belegschaft oder sogar dem Verlust von wertvollen Mitarbeitern.“
Es muss jedoch nicht immer ein Streit mit Anschreien und Beleidigen sein, der das Unternehmen Geld kostet. Es gibt auch sogenannte kalte Konflikte. So beschreibt die Studie den Fall einer vierköpfigen Agentur, in der alle Informationen beim Chef zusammenlaufen – und oft dort versanden. Im Jahr 2011 verbrachten die drei Mitarbeiter rund fünf Stunden pro Woche mit dem Suchen nach Informationen: welche Aufträge sind eingegangen, was wurde reklamiert?