Kolumne Talent Management: Der Roboterboss

Es gibt mindestens so viele Studien dazu, wie Führungskräfte führen sollten, als auch dazu, wie schlecht sie dies tun. Da lässt sich die Frage von Berater Martin Claßen nicht von der Hand weisen: Könnten Roboter menschliche Führungskräfte ersetzen? Er kommt zu einer klaren Antwort.

Im Talent Management ist die große Bedeutung direkter Vorgesetzter unbestritten. Eigentlich jede Studie identifiziert den Chef als Erfolgsfaktor Nummer Eins. Das ist nichts Neues. Frisch sind hingegen Überlegungen von Forschern am Computer Science and Artificial Intelligence Lab des MIT in den Vereinigten Staaten. Muss der Boss überhaupt ein Mensch sein?

Logische Führungsaufgaben sind Roboter-tauglich

Gemeint ist damit nicht der Kalauer, dass viele Chefs im Grunde ziemlich unmenschlich agieren. Die amerikanischen Wissenschaftler rund um Matthew Gombolay werfen die Frage auf, ob der Vorgesetzte aus Fleisch und Blut bestehen muss. Ein Roboter tue es doch auch. Und sogar besser, wie sie in ihrer Studie herausfanden. Talente seien dann am zufriedensten und produktivsten, wenn sie statt von einem Menschen von einer Maschine angeleitet werden. Sie glauben dies nicht? Dann werfen Sie hier einen Blick in die Studie.

Besonders bei logischen Führungsaufgaben wie Arbeitsplänen seien elektro-mechanische Chefs deutlich überlegen. Zudem meinten die robotergeführten Mitarbeiter, der Maschinenmensch hätte sie generell besser verstanden. Ein Roboter mit größerer Empathie als die reale Führungskraft?

Führungs-Führerschein auf Wertebasis

Beim Talent Management stellen sich weitere Fragen: Wer führt – falls die Batterie des Roboterchefs leer ist, also ein virtueller Burnout auftritt? Brauchen Computer künftig ihre eigene Führungslaufbahn, mit besonderen Entwicklungsprogrammen? Was ist wenn der Maschinenmensch vom Wettbewerber oder der NSA gehackt wird und unsinnige Anordnungen trifft?

Noch halte ich es für Talent Management mit verbesserter menschlicher Führung. Dazu ein Vorschlag des Freiburger Unternehmensberaters Wolfgang Saaman: "Menschen führen darf jeder, dem eine solche Rolle von irgendeinem Entscheider zugetraut wir. Diese Anspruchslosigkeit ist auf Dauer nicht zu halten. Führende sollten zukünftig für ihre Rollen ausgebildet werden und in einer Prüfung nachweisen, dass sie die Reife zum Führen haben. Zur Erteilung der Führungslizenz müsste die Fähigkeit zur Beziehungsgestaltung ebenso nachgewiesen werden wie die Motive, die den Führungsanspruch begründen, die Werte, die Sensitivität im Umgang mit anderen und das Verhältnis zur Verantwortung".

Dann können Roboter als Führungskräfte wieder einpacken.

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.