Ein Kollege ist seit Anfang des Jahres zu unserem Vorgesetzten aufgestiegen. Seine Führungsfähigkeiten lassen allerdings zu wünschen übrig. Ständig beschwert er sich, dass die Mitarbeiter ihn nicht verstehen und nicht mitziehen. Was können wir tun?, fragt Thomas Frank, Vertriebsleiter einer Produktionsbaumschule.

Sehr geehrter Herr Frank,

viele Manager glauben aufgrund ihrer Beförderung, dass sie gute Führungskräfte sind. Die Praxis zeigt leider immer wieder ein anderes Bild. Denn läuft es (nach kurzer Zeit) nicht rund, wird gemosert, dass die Mitarbeiter die Erwartungen nicht erfüllen, dass sie begriffsstutzig sind, die Zusammenhänge nicht verstehen, sensibel und launisch sind. Wer solch eine schlechte Meinung von seinen Mitarbeitern hat, kann nur scheitern. 

Wer möchte, dass seine Mitarbeiter das tun, was von ihnen erwartet wird, muss reden (können). Die Trainerinnen Heike M. Cobaugh und Susanne Schwerdtfeger haben in dem Buch Vorsicht: Führungsfallen! die häufigsten Kommunikationsfehler ausgemacht, die Mitarbeiter am Ende gegen ihre Chefs aufbringen. Wer hier nicht gegensteuert, riskiert die Motivation und Produktivität seiner Mitarbeiter:

Wer seinen Mitarbeitern Fachausdrücke und Anglizismen um die Ohren haut, darf sich nicht wundern, wenn er von ihnen nicht verstanden wird und so seine Erwartungen nicht erfüllt werden. In der Regel sinkt auch der Respekt vor dem Chef, der in seiner Business-Pseudo-Sprache spricht.

Fehler 1: Zu viele abstrakte Begriffe statt klarer Ansagen: Häufig reden Führungskräfte von Globalisierung, Innovationskraft, Zukunftsorientierung usw. Aber was bedeutet das konkret für das Unternehmen, das Team oder die Abteilung – und welche Auswirkungen haben diese abstrakten Begriffe für die Arbeit? Wenn Mitarbeiter aktiv werden sollen, müssen Führungskräfte konkret ihre Erwartungen kommunizieren.

Fehler 2: Zu hohe Voraussetzungen: Führungskräfte setzen (wenn auch unbewusst) voraus, dass ihren Mitarbeitern Prozesse und Methoden bekannt sind. Ein fataler Fehler, denn vielen Mitarbeitern fehlt es an solch einem Management-Know-how. Und oftmals haben sie überhaupt keinen Einblick in die im Hintergrund ablaufenden Prozesse. Bei Ausführungen und Vorträgen sollten Vorgesetzte ihre Mitarbeiter beobachten: Ist ihr Blick leer oder die Augen aufgerissen, verstehen sie also nur Bahnhof, sollten sie sofort nachhaken, was genau unverständlich ist. Viele Mitarbeiter scheuen sich, zuzugeben, wenn sie etwas nicht verstehen – aus Angst, für ihre Unwissenheit beim Chef in Misskredit zu fallen. Aber wer nichts versteht, kann auch im wahrsten Sinne des Wortes nicht folgen. Also, nicht zu viel Vorwissen oder auch Verständnis voraussetzen.

Fehler 3: Zu viele Zahlen, Daten, Fakten: Während für Führungskräfte das Verwenden von Tabellen, Matritzes und Diagrammen selbstverständlich sind, sind das für ihre Mitarbeiter häufig böhmische Dörfer. Der Chef redet und redet, während die Mitarbeiter längst abgeschaltet haben. Besser ist es bei Präsentationen, Update-Meetings und Kick-off-Veranstaltungen besser, sich kurz und simpel zu fassen. Wenn es darum geht, die konkreten Ziele zu vermitteln, sind kleine Tabellen und Schaubilder ohne komplizierte Zahlenreihen besser – vor allem sollte man auch immer erklären können, was man da zeigt. Denn nicht die Mitarbeiter müssen sich anpassen und bemühen, den Chef zu verstehen, sondern umgekehrt.  

Fehler 4: Zutexten: Leider fragen sich viele Führungskräfte vor ihren Reden nicht, was sie eigentlich erreichen wollen. Sie sollten sich vor jeder Ansprache genau überlegen, was sie mit dem Gesagten erzielen möchten – etwa: "Ich erwarte von allen Mitarbeitern, dass...".

Fehler 5: Vorwurfshaltung: Viele Chefs merken irgendwann, wenn ihre Mitarbeiter ihnen nicht folgen können. Darauf reagieren nicht wenige mit Wut und offenen oder versteckten Vorwürfen (z.B. "Warum hinken Sie allen anderen hinterher?", "Wird das bei Ihnen heute noch was?" usw.). Allerdings führen Ironie, Zynismus oder Sarkasmus meist nicht zur Verbesserung der Situation, sondern zur Demotivation der Mitarbeiter. Vorgesetzte sollten klare Sachaussagen treffen (können), auch wenn sie im Stress sind.

Fehler 6: Pauschalwertungen: Mitarbeiter können nichts mit pauschalen Bewertungen wie "So geht das nicht! Machen Sie das noch einmal." oder "Was soll dieses völlig planlose Vorgehen?" anfangen oder wissen nicht, was ihr Vorgesetzter eigentlich konkret von ihnen erwartet. Vielmehr fühlen sie sich so vorgeführt und niedergemacht. Solche "Sie-Botschaften" sind selten konkret oder konstruktiv. Die klaren Erwartungen sind besser als ich-Botschaft kommuniziert.

Fehler 7: Zu wenig Hintergrundinformation: Führungskräfte unterstellen ihren Mitarbeitern oft, dass sie passiv sind oder nicht wollen. Dabei fehlen ihnen meist nur ausreichende Informationen. Sollen Mitarbeiter motiviert an die Arbeit gehen, müssen sie auch den Sinn oder wenigstens den Zweck ihrer Tätigkeit kennen. 

Fehler 8: Lügen: Lügen sind bequem, wirken aber nur eine kurze Zeit. Wer zum Beispiel Entlassungen verneint, einige Wochen später allerdings Kündigungen ausspricht, muss die Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Chefs, die ihre Belegschaft belügen, verlieren ihr Ansehen. Natürlich gibt es bisweilen Situationen, in denen Manager nicht die Wahrheit sagen können – dann sollten sie wenigstens schweigen.

Je unmissverständlicher eine Führungskraft kommuniziert, desto effektiver führt sie auch. Dazu gehört, sich als Manager auf seine Mitarbeiter einzustellen und in ihrer Sprache zu sprechen. Und diese Fähigkeit ist erlernbar.

Ihre Sabine Hockling